Am Beispiel einer Hochzeit und einer Vernissage: Wenn Kirche auf Kirchenferne trifft
Am Samstag gab es in Sankt Canisius zwei außerordentliche Ereignisse: Die Hochzeit eines etwas älteren Paares und die Vernissage einer Künstlerin.
Andrea und Helmut sind schon seit über 30 Jahren zusammen, durften als Geschiedene aber weder zivil oder gar kirchlich heiraten. Jedenfalls nicht, wollte man den Beruf als Religionslehrer oder die Rente riskieren. Der letzte Valentinstag, ein paar einfädelnde Gespräche, behutsames Vortasten im Erzbischöflichen Ordinariat, juristisch kompetente Freunde, gewogene Menschen und auch ein wenig Glück machten das Eheglück der beiden nun auch vor dem Altar möglich!
Beiden war der Gottesdienst und die rituelle Trauung sehr wichtig. Sie waren aufgeregt wie zwei Teenager, obwohl sie schon etwas ältere Semester sind. Viele Freunde aus der Schule, aber auch der Welt des Theaters waren da um den beiden zu gratulieren.
Mit dem Larry Porter Trio stand ein hervorragendes Jazz-Terzett zur Verfügung. Viele Schauspieler waren gekommen, manche waren seit langer Zeit mal wieder oder noch nie in der Kirche gewesen. Auch für Larry Porter war es erst die zweite Hochzeit in einer Kirche. Als beeindruckend wird unser Kirchraum empfunden.
Es gab verjazzte Musik von Richard Wagner (den Hochzeitsmarsch aus Lohengrin), von John Lennon und Paul McCartney, Pete Seeger, u.a. Hardy Kistner trug den berühmten Text mit der Rose aus dem „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry vor, Ulrich Klein die Lesung aus dem biblischen Buch Kohelet vor: Alles hat seine Stunde… Der Trauspruch war ein Mischzitat von Albert Camus und Fjodor Dostojewski: Einen Menschen liebhaben heißt einwilligen, mit ihm alt zu werden und ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat.
In seiner Ansprache versuchte P. Hösl die Sätze zusammenzustellen. Die Rose in ihrer verletzlichen Schönheit, die man zwar nicht machen, aber hegen kann! Der mutige, nüchterne, aber große Behutsamkeit atmende Trauspruch! In Jesus Christus hat uns Gott gezeigt vorgelebt, wie er den Menschen gemeint hat. Sein Kreuz und seine Auferstehung belegen, dass am Ende nicht Positives und Negatives sich unentschieden gegenüberstehen, wie Kohelet meint. Sondern dass nicht das Weinen, sondern das Lachen, nicht die Klage, sondern der Tanz die Oberhand behält. Das kann uns Mut machen, nicht nur Andrea und Helmut
Die Trauzeremonie spricht für sich selbst. Man spürt ihre Heiligkeit und Würde. Kollegen trugen Fürbitten vor. Am Ende ein Vater Unser und der Segen.
Unter den Klängen von George & Ira Gershwins Strike up Band vom Larry Porter Trio zogen Paar und Gäste durch die geöffneten großen Türen, um im Gemeindesaal die Glückwünsche aller entgegenzunehmen. Ein heiteres Fest und viele Gespräche – auch über Religion und Kirche – begannen…
Zwei Stunden später: Michaela Strang Kempen lädt ein zu einer Vernissage nach der Abendmesse. Am Freitag waren die Bilder der Vorgängerausstellung abgehängt und die ihre Bilder aufgehängt worden. Es sind bunte Bilder, die man explizit berühren soll, weil sie mit verschiedensten Materialien arbeitet, so dass die Bilder sogar von blinden Menschen „gesehen“ werden könnten.
Für ein bisschen Musik sorgte Merle, die schon beim Jahreseinklang (Link: https://sanktcanisius.de/sphaerischer-jahreseinklang/) mit ihrem Handpan für eine ruhige Atmosphäre gesorgt hatte. Herr Kempen, Ehemann von Frau Strang-Kempen hielt eine kurze und kurzweilige Ansprache. Er und die gemeinsamen Kinder unterstützen die künstlerische Mutter sehr. Diese hatte sich lange Jahre beim Sozialdienst Katholischer Frauen im Gefängnis engagiert.
Es gab ein kleines Buffet in der Kirche, so dass man die Bilder betrachten und über sie ins Gespräch kommen konnte.
Eine Hochzeit und eine Vernissage: Zwei Anlässe Christen und Nichtchristen zusammen zu bringen. Bei vielen Gästen konnte man sehen, dass ihnen der Raum Kirche fremd ist. Soll und darf man für solche Anlässe die Tore der Kirche öffnen? Darf man in der Kirche ein Glas Sekt trinken? Über Kunst diskutieren? Verkommt das ehrwürdige Gotteshaus dadurch? Oder ist es eine Chance Menschen anzusprechen, die man mit dem konventionellen Gottesdienstprogramm nicht (mehr) erreicht? Solche Fragen wird man nicht definitiv beantworten können, sondern immer wieder klären müssen. Auch durch Erfahrungen und das Ausloten von Grenzen. Manchmal wird man auch erst im Nachhinein merken: Hier war eine Grenze! Es geht darum den Raum der Kirche in seiner Heiligkeit zu schützen und doch zu öffnen. Beides ist wichtig und muss ein Anliegen von Sankt Canisius bleiben.