Anne und Gredy haben sich am vergangenen Freitag in St. Canisius das Ja-Wort gegeben. Beide gehören der freikirchlichen Hillsonggemeinde Berlins an. Es war damit die erste freikirchliche Hochzeit in unserer Kirche.
Anne, die Braut stammt aus Deutschland, ihr Mann aus Indonesien. Sie wollten eine große Hochzeit und benötigten damit eine entsprechend große „Location“. Unsere Kirche finden sie fantastisch. Von den Bedenken gegenüber den Katholiken ist bei Anne nichts mehr zu spüren. Was sich früher schroff gegenüberstand freundet sich langsam an: Katholiken und Freikirchler, Evangelikale, Pfingstkirchler… Man traut sich die Schwelle zum anderen immer mehr und leichter übertreten.
Der Gottesdienst muss verspätet beginnen. Und zwar aus einem ziemlich ökumenischen Grund: Die Braut ist noch nicht da! Steckt irgendwo im Stau. Endlich kommt Anne und das Highlight des Gottesdienstes, der Einzug, kann beginnen. In Indonesien ist es übrigens üblich, dass die Mutter des Bräutigams ihren Sohn in die Kirche führt und dann erst – wie in vielen Fällen bei uns – der Brautvater seine Tochter. Vorne trifft man sich. Die katholische Form lautet eigentlich: Beide, Braut und Bräutigam, kommen gemeinsam zur Kirchentür und ziehen gemeinsam ein….
Durch den Gottesdienst führen zwei Moderatorinnen: eine spricht in Englisch und die andere übersetzt gleich ins Deutsche. Viel „Hello!“, viel Klatschen und dann setzt die Lobpreismusik ein: Drei Lieder, gleich hintereinander: Goodness of God, New Thing und On Repeat. Manche erheben die Hände beim Singen – auch Anne und Gerdy, die vorne vor dem Altar die ganze Zeit stehen.
Danach hält Pastor Mark Wilkinson eine Predigt. Er spricht Englisch und wird sofort übersetzt. Er ist überzeugt und versucht auch Anne und Gredy davon zu überzeugen: Die Ehe ist immer noch das Beste für Paar und für Kinder. Die beste Investition in die Gesellschaft von morgen.
Zum Abschluss erfolgt die Zeremonie, in der sich Anne und Gredy gegenseitig ihr Versprechen vorlesen und sich dann den Ring anstecken; Anne stockt ein bisschen und muss ein paar Tränen wegdrücken, aber beide schaffen es – Applaus!!! Und fertig! Dann kommt der Satz, der immer häufiger auch bei katholischen Hochzeiten gewünscht wird: Sie dürfen die Braut jetzt küssen… natürlich wieder großer Applaus! Noch ein Song und die Kirchentüren öffnen sich. Die Leute gehen hinaus, bilden ein Spalier durch das Anne und Gredy unter Anfeuerungsrufen und klickenden Handys durchschreiten: Just married!
Für katholischen Seelen fehlt doch so einiges. Es gibt keine Liturgie wie Kreuzeichen oder Segen, keine Paramente, keine Kerzen, keine Bibellesung, kein Vater Unser. Dafür professionellen Sound. Meine Wertung: Hat auch was, aber ich bleibe doch lieber katholisch…
P. Manfred Hösl SJ