Projekt ZDF-Gottesdienst – Nachlese

Mit dem Zweiten sieht man besser

Nachlese zum Sonntagsgottesdienst am 19.6.2022, 9:30 Uhr aus St. Canisius

Dem „Projekt ZDF-Gottesdienst“ gingen umfangreiche Vorbereitungen voraus. Dinge, über die man sich nie Gedanken macht, müssen rechtzeitig geplant werden! Für das ZDF und die von ihm gestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das alles Routine – für uns, die gastgebende Gemeinde ist es aufwendig, aber auch sehr aufregend und spannend.

Anja Wonner, unsere Kontaktfrau von der Katholischen Fernseharbeit, hatte sich schon vor Monaten einen Eindruck von unserer Gemeinde verschafft. Wenn der Gottesdienst losgeht, dann ist das Meiste eigentlich schon geschehen. Der Projektleiter der Gemeinde, Matthias Berquet, hatte eigens in Mainz einen Kurs absolviert. Bei ihm liefen die Fäden zusammen. Es gab mehrere Proben inclusive Nachbesprechungen, wo jede Sendesekunde auf den Prüfstand kam.

Unser Organist Pirmin Kustin hatte mit Natascha und Nadine Horvath sowie einem Gemeindechor die Lieder eingeübt, Nils Weissenburger die Sakristei organisiert – sein technisches Knowhow aus der Welt der Oper hat uns sehr geholfen. Jasper Kortmann hatte für die Ministranten gesorgt. Martina Schneider und ihr Bruder haben zusammen mit dem JRS für ein optimales Catering gesorgt – es gab kräftige Burger und Linsen-Möhrensuppe für die Crew von ca. 35 technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom ZDF und deren Zulieferfirmen. Ebenso vorbereitet wurden die vielen Freiwilligen unserer Gemeinde, die den Telefondienst bis 18:00 Uhr übernommen hatten – das Telefon klingelte dann auch in der Tat pausenlos. In den allermeisten Fällen gab es sehr positive Rückmeldungen aus dem ganzen Sendegebiet.

Was lange währt geht endlich los: Pünktlich um 9:30 Uhr kam unsere Kirche mit Drohnenaufnahmen, die Jasper Kortmann gemacht hatte, ins Bild. Unsere Glocken erklangen. Die Erkennungsmusik wurde eingespielt und innen lief der Count Down. Auf das Zeichen von Elvira „Eli“ Stolzenberger gingen die Minis mit Elaine Rudolphi und P. Hösl los, während die Gemeinde das Eingangslied sang. Im Großen und Ganzen war es wie immer – und doch total anders. Der Grund ist, dass die Dinge im Fernsehen anders wirken als „live“ und ein anderes Zeitgefühl herrscht. So schluckt das Fernsehen ca. 20% Freundlichkeit, d.h. man muss 20% freundlicher gucken, um normal-freundlich rüberzukommen. Den Rückmeldungen zur Folge wurde aber das gemeinsame Hauptziel erreicht: Eine fröhliche Canisiusgemeinde möchte mit ihrer Fröhlichkeit die Zuschauerinnen und Zuschauer anstecken.

P. Hösl führte in das Thema des Gottesdienstes ein: Ein Abschnitt aus dem Brief des Paulus an die Galater, in dem dieser sich für die fundamentale Gleichheit u.a. von Mann und Frau ausspricht.

Die Theologin und Seelsorgerin Elaine Rudolphi legte dann, an der Scharnierstelle von Lesung und Evangelium, den Text des Paulus und das Evangelium nach Lukas aus. Sie betonte die fundamentale Gleichheit aller Christen, die in der einen gemeinsamen Taufe gründet, die nach dem Evangelium auch von den beiden Fürbittsprechern betont wurde: Alle Christen haben Christus angezogen und sind auf IHN hin getauft (vgl. Gal 3,27).

Was die Mitwirkenden nicht wahrnehmen konnten war, dass die verschiedenen Kameras sich gegenseitig die Bälle zuwarfen. So kam peu à peu das gesamte Inventar unserer Kirche ins Bild: Der große mit einem Lichtkegel angestrahlte Christus an der Nordwand, der so einer Riesenhostie glich. Das Auferstehungsbild, die Osterkerze, die Taufschale und immer wieder Gesichter unserer Gemeinde.

Ein besonderes Element war das Vater Unser, das in vielen Gottesdiensten von den Gläubigen gleichzeitig in der je eigenen Muttersprache gebetet wird. Da dies technisch nur Kauderwelsch ergeben hätte, beteten alle das Vater Unser in fünf Sprachen, jeweils mit einem einheimischen Sprecher mit lauter Stimme. Neben Deutsch beteten alle very good Englisch, akzeptabel Spanisch, mit Abstrichen Flämisch und versuchten sich immerhin an Ukrainisch mit der Schlussdoxologie: Denn dein ist das Reich… Menschen aller Hautfarben und allen Alters spiegelten gut die Bandbreite unsere Gemeinde wider.

Während Elaine Rudolphi jetzt die Kommunion an die Ministranten verteilte, tat dies P. Hösl bei den Gläubigen. Die Fernsehzuschauer freilich bekamen dies allenfalls am Anfang mit, denn jetzt schwenkte die Kamera in die Marienkapelle, wo Matthias Berquet einen von Elaine Rudolphi verfassten Text, flankiert von einer vom Kreuz auferstehenden Christusfigur von Tobias Haseidl aus Oberammergau, vorlas.

Zum Segen war dann alles und jeder wieder in der Kirche. Sogar Matthias Berquet: Seine Meditation war das einzige Modul, das vorher aufgezeichnet worden war.

P. Hösl bedankte sich bei allen Mitwirkenden und spendete zum Abschluss angesichts der heißen Temperaturen den Wettersegen. Schlusslied und finaler Orgelbraus von Pirmin Kustin – Kamera aus, geschafft!

Aber schon klingelten die Telefone und liefen die Drähte heiß. Die ganz große Mehrzahl der Rückmeldungen waren eindeutig positiv. Das ist insofern erstaunlich, weil der Großteil des Publikums aus älteren Mitfeiernden besteht. Besonders viele positive Rückmeldungen gab es zur Auslegung von Elaine Rudolphi, und dass mit ihr eine Frau das Wort Gottes auslegen durfte. Erzbischof Koch hatte dies persönlich erlaubt und das Deutsche Liturgische Institut unter Federführung von Herrn Dr. Marius Linnenborn seinen Segen dazu gegeben.

Trotz aller Anspannung – wenn der Pfarrer einmal von sich ausgehen darf – war die Vorbereitung und Durchführung eines solchen Fernsehgottesdienstes eine aufregende Sache. Man kommt mit interessanten Menschen ins Gespräch, lernt aus welchem Winkel Medienleute Kirche wahrnehmen und erlebt etwas, was uns in den letzten Jahren etwas abhanden gekommen ist: Gemeinde und Kirche! Viiielen Dank allen die mitgeholfen haben dieses tolle Projekt zu planen und durchzuführen!

Manfred Hösl SJ

Auslegung von Elaine Rudolphi – es gilt das gesprochene Wort

Kommunionmeditation von Elaine Rudolphi