Lassen Sie mich meine Eindrücke über das Konzert von „Ukrainian Soloway“ am 18. November in Berlin in der Kirche Sankt Canisius teilen.
Ich bin eine Psychologin aus der Ukraine. Im Frühjahr 2022 musste ich aus meinem Land nach Deutschland fliehen. Der Krieg hat mich zum Flüchtling gemacht und ich musste an einem neuen Ort ganz von vorne anfangen. Gott sei Dank – ich hatte Glück und fand einen Job und Unterstützung beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS). Und nun arbeite ich schon das zweite Jahr und biete ukrainischen Flüchtlingen kostenlose psychologische Unterstützung an.
In diesem Jahr haben wir mehr als 600 Menschen aus der Ukraine geholfen, sich von dem schrecklichen Schock des Krieges zu erholen und sich in einem neuen Land zu integrieren.
Ich biete individuelle psychologische Unterstützung im Büro und online an und leite zwei Mal pro Woche therapeutische Gruppen in ukrainischer Sprache. Diese Arbeit ist sehr wichtig. Ukrainische Frauen und Kinder haben mit PTBS, Angststörungen, Depressionen, Isolation und Einsamkeit, Verlust, Trauer, Scheidung der Familie und Erziehungsproblemen zu kämpfen. Und das zusätzlich zu den Schwierigkeiten mit Papierkram, Wohnen und Arbeiten. Sie brauchen sowohl Hilfe als auch Unterstützung. Und diese finden sie beim JRS.
Ich begleite viele Menschen seit einem Jahr – und so sind viele, besonders durch die Gruppen, zu einer großen neuen Familie geworden. Sie helfen sich gegenseitig und fühlen sich nicht mehr auf sich allein gestellt.
Ich erfuhr von dem Konzert von „Ukrainian Soloway“ in der Kirche St. Canisius, gleich neben dem JRS. Ich habe gleich alle, die ich kenne, eingeladen. Es hat niemand erwartet, dass alles so toll werden würde!
Alle unsere Ukrainer:innen kamen in Nationaltracht und hatten für alle Fälle unsere ukrainische Flagge dabei. )))) Wir hatten Spaß. Aber als das Ensemble „Ukrainische Nachtigall“ sang, haben wir alle geweint. Es war einfach unglaublich berührend. Die einheimischen Lieder und die Stimmen der Nachtigall drangen bis in unsere Seele vor.
Gefühlvolle Lieder, wunderschöne Kostüme und einfach wunderbare Menschen machten diesen Abend unvergesslich!
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie angenehm es war, unseren einheimischen Liedern zuzuhören. In der Seele wurde es auf einmal so warm und gemütlich. So viele schöne Erinnerungen kamen auf einmal. Es waren unvergessliche Gefühle! Glück und Traurigkeit zugleich.
Aber ich brauchte nicht lange traurig zu sein. Ich schaute mich um und vergewisserte mich einmal mehr, dass wir trotz der Tatsache, dass wir jetzt weit weg von zu Hause sind, immer noch zusammen sind! Jeder hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Erfahrungen, Traumata, aber wir sind nicht allein! Und dank der Unterstützung können wir weiter an unserem neuen und glücklichen Leben bauen.
Die Atmosphäre auf dem Konzert war so herzlich. Wir sangen gemeinsam Lieder, lernten uns kennen, knüpften Kontakte. Wir waren wie eine große Familie. Und all das verdanken wir den wunderbaren Menschen in der Gemeinde St. Canisius. Sie haben so ein wunderbares Konzert organisiert. Danke!
N. L.