Technischer Verstand trifft auf großes katholisches Herz.
Dem Jesuitenorden ist es wichtig, dass ihre Arbeit nur im Verbund mit vielen Laien vor Ort Früchte trägt. Deswegen stellt man auf der Jesuitenhomepage immer auch wieder einzelne Mitarbeiter, die stellvertretend für alle anderen stehen, vor. Jetzt hat es die Küster von St. Canisius getroffen. Nils Weissenburger berichtet von der Arbeit eines ehrenamtlichen Küsters.
Nils Weissenburger ist seit einem viertel Jahrhundert ehrenamtlicher Küster in St. Canisius, Berlin. Seit über einem viertel Jahrhundert sorgt er im Hintergrund dafür, dass in der Jesuiten-Pfarrei St. Canisius in Berlin alles wie am Schnürchen läuft. Nils Weissenburger, ein waschechter Berliner, der vor 77 Jahren in Pankow geboren und in St. Georg getauft wurde, leistet seit seiner Kindheit bescheiden und verlässlich seinen manchmal recht aufregenden Dienst in der Katholischen Kirche. Ein persönlicher Rückblick:
„Geboren bin ich in Berlin Pankow, getauft in der katholischen Kirche St. Georg. Nach 1945 gehörten wir zur Kath. Gemeinde Maria Magdalena in Berlin Niederschönhausen, wo ich nach meiner Einschulung 1948 meinen ersten Religionsunterricht bekam. In der staatlichen Schule war Religionsunterricht verboten, da wir zuerst sowjetische Besatzungszone und dann ab 1949 DDR waren. 1952 haben wir Ostberlin verlassen und wohnten dann in Westberlin in Charlottenburg.
Eigentlich gehörten wir zur Gemeinde Maria Himmelfahrt, aber die Messen waren nach Aussagen meiner Eltern immer chaotisch, da der Pfarrer und der Küster gerne zu tief in den Messwein geblickt haben. Wenig später wurden beide von dem damaligen Kardinal entlassen. So fanden wir Zuflucht in der Nachbargemeinde St. Kamillus. Hier waren die Messen feierlich und erbaulich. Ich wurde Ministrant und später auch ein Jugendleiter.
Dort habe ich auch meine ersten Küstererfahrungen gesammelt. Im Gemeindegebiet gab es ein großes Geriatrie- Krankenhaus, das „Bürgerhospital“. Dort gab es eine sehr große Kapelle, in der wöchentlich abwechselnd ein katholischer und ein evangelischer Gottesdienst gefeiert wurden. Die katholischen Messen wurden von Kamillianer-Patres gelesen. Mehrere Jahre, ich war schon älter, habe ich in einem Koffer die Mess-Utensilien in die Kapelle gebracht, die Messe küstermäßig vor- und nachbereitet und als Ministrant gedient.
Meine spätere Frau gehörte zur weiblichen Jugend von St. Kamillus. Damals war noch alles streng getrennt. Gefunkt hat es zwischen uns pikanterweise auf einer Fronleichnamsprozession. Geheiratet haben wir dann 1969 – auch in St. Kamillus. Da wir im Gemeindebereich von St. Canisius wohnten, war es selbstverständlich, dass unser erster Sohn, der 1977 zur Welt kam, in St. Canisius getauft wurde. Von unseren drei Kindern haben sich alle Jungs in der Gemeinde als Ministranten und in den Jugendgruppen engagiert.
Ich selbst engagierte mich beim Verkauf am Schriftenstand und war Mitglied des Kirchenchors. Dank meines beruflichen Hintergrunds konnte ich technisch beraten und immer wieder Dinge reparieren. Vier Jahre war ich auch mal im Kirchenvorstand.
Die Kirche brennt – Zäsur und Neubeginn
Dann kam das Schlimmste, was in einer Gemeinde passieren kann: der Kirchenbrand am 30. April 1995. Da das Gotteshaus völlig abbrannte, mussten die Messen zunächst im Pfarrsaal abgehalten werden. An vielen Sonntagen konnten wir zum Gottesdienst in die benachbarte evangelische Kirche am Lietzensee ausweichen. Pfingsten 1995 war das erste Hochfest, das wir in einer anderen Kirche feiern konnten. Das stellte uns aber vor ein logistisches Problem: Wie bekommt man alle Sachen, die für ein katholisches Hochamt benötigt werden in eine evangelische Kirche? Immerhin waren da die Priestergewänder, ca. 20 Ministrantengewänder, Kelche, Hostienschalen, Weihrauch, Altarkerzen usw. zu verfrachten. Ich war damals Service-Ingenieur im Außendienst und hatte als Dienstwagen einen VW-Transporter. Damit haben wir dann alles transportiert. Da unser damals noch fest angestellter Küster schon sehr krank war, habe ich auch gleichzeitig in den anderen Kirchen die Küsterdienste übernommen. Daher gilt für mich das Pfingstfest 1995 als Beginn meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Küster in St. Canisius. In den sieben Jahren ohne Gotteshaus wurden es dann noch sehr viele Transporte in andere Kirchen, nicht nur zur Lietzensee-Kirche.
Im Herbst 1995 ging unser alter Küster in Rente, das Erzbischöfliche Ordinariat Berlin wollte keinen neuen festangestellten Küster mehr bezahlen, so habe ich mich überreden lassen, diesen Posten ehrenamtlich voll zu übernehmen. Mit drei weiteren Ehrenamtlichen haben wir die weiteren Jahre bis zur Einweihung der neuen Kirche gut geschafft. Die Zeit zwischen dem Brand und der Grundsteinlegung des neuen Gotteshauses waren für uns eine Gefühlsachterbahn zwischen der Hoffnung auf die neue Kirche und auch der Verzweiflung, dass es womöglich nicht klappt.
Die Mitternachtsmesse in dem Rohbau der neuen Kirche war dann für uns alle ein sehr emotionales Weihnachtsfest. Als Altar stand ein normaler Tisch da und zum Sitzen waren Bierbänke aufgestellt. Es war saukalt und es lag hoher Schnee. Ich erinnere mich noch genau, wie ich die Körbe mit den Kelchen, Hostien, Wasser und Wein, Altardecke usw. aus dem Pfarrhaus in den Rohbau geschleppt habe. Es war sehr ergreifend und voller Hoffnung auf eine neue Kirche.
Endlich war die neue Kirche fertig. Das Kirchweihfest am 28. Juni 2002, die ich als Küster begleiten durfte, war für mich ein wundervolles Erlebnis. Nun steht die Kirche auch schon wieder 17 Jahre.
Rückblickend bin ich dankbar für Vieles: So haben die Küster-Helfer oft gewechselt; der Einzige, der fast vom Anfang immer dabeigeblieben ist, ist mein Küsterkollege Franz Arendt. Wir bilden ein eingespieltes Team, – ich betreue auch die elektrische Haustechnik, wie Tonanlage, Beleuchtung und vieles mehr – und so hat alles immer gut funktioniert. Und dann meine Frau. Sie hatte zuerst zwar über meine viele Küsterarbeit geknurrt, aber jetzt arbeitet sie auch schon über 20 Jahre als Rendantin für unseren Kirchkindergarten.
Was wünsche ich mir für die Zukunft? Dass ich noch eine Weile gesund und fit bleibe, damit ich den Küsterdienst noch eine ganze Zeit machen kann. Und unserer Gemeinde wünsche ich, dass sie trotz Pastoralem Raum weiter eine lebendige und moderne Jesuiten-Gemeinde bleibt. Aber viele in unserer Gemeinde und auch wir Küster haben die Sorge, dass es in einem Pfarrverband nicht mehr so bleibt.“
Quelle: www.jesuiten.org