Kar- und Ostertage in St. Canisius

Eine besinnliche Nachlese

Same procedure as last year? Same procedure as every year! Die Feier der Kar- und Ostertage ist ein Klassiker und Selbstläufer. Da braucht’s keine eingebauten special Effects oder peinliche Verheutigungen – die Liturgie wartet von sich aus mit reichhaltigen Symbolen und sprechenden Riten auf, die Christen und Nichtchristen auch heute noch in ihrem Innersten ansprechen.

Wie immer feierte die KGI um P. Leblang SJ und die Gemeinde St. Canisius gemeinsam das Triduum. Am Gründonnerstag berichtete P. Leblang kurz über den diesjährigen Kurs, der jetzt in die Zielgerade einbiegt. Aber nicht alle Teilnehmer*innen werden bei uns getauft und gefirmt. Manche werden in ihren Gemeinden zu den Sakramenten zugelassen, manche werden auch durch den Erzbischof in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen.

Nach der Verlesung der drei charakteristischen Bibeltexte (Anweisung für das Paschamahl in Ex 12, Paulus über die rechte Feier des Herrenmahls aus 1 Kor 11 und dem Bericht über die Fußwaschung) webte P. Leblang die drei Texte zusammen und ermunterte die fünf anwesenden Taufbewerber sich in die anstehenden Liturgien hineinfallen zu lassen.

Die jetzt anstehende Fußwaschung ist und bleibt umstritten. Passt das Symbol noch? Ist eine Verheutigung (etwa eine „Schuhputzung“ oder eine Händedesinfektion) anzuraten? Am Ende blieb man doch beim klassischen Ritual – herzlichen Dank an die Taufbewerber*innen, dass sie sich zur Verfügung gestellt haben.

Das Geheimnis des Tages ist freilich die Einsetzung der Eucharistie beim letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern – das ist heute – wie die Tagesliturgie einfügt. Nach den Coronajahren war es wieder möglich die Eucharistie unter beiderlei Gestalten – Brot und Wein – auszuteilen.

Die Eucharistiefeier ging nahtlos in die Gebetswache über. Ähnlich wie die Jünger damals mit Jesus im Garten Getsemani wachen und beten sollten, gab es auch in Canisius die Möglichkeit mit Schweigen, Singen oder Beten Jesus zu begleiten. Im Halbstundentakt hatten sich Freiwillige bereit erklärt, Andachten anzubieten. Und auch wenn mal ein Lied nicht korrekt angestimmt wurde, weil man den Ton nicht 100% traf – das tat dem Beten und Singen keinen Abbruch. Im Gegenteil: Es entstand eine Gebetsgemeinschaft!

Am Karfreitag machten die Kinder den Anfang. Bereits um 10:00 Uhr begann die Kreuzwegandacht der Kinder, die vom Erstkommunionteam vorbereitet worden war. Es ist eine große Herausforderung einen so ernsten Feierinhalt wie die Kreuzigung Jesu Kindern unverkürzt und doch altersgemäß angedeihen zu lassen und Kinder mit ihren Eltern mitzunehmen. Dazu gingen die Kinder einen Parkour mit vielen Symbolen ab, die Jesu letzten Weg auf Erden veranschaulichten. Es gab abschließend die Möglichkeit Kreuze auszumalen oder zu basteln.

Um 11:00 Uhr freilich standen die Messdiener*innen bereits in den Startlöchern, denn große Liturgien wollen geübt sein. Das gilt besonders für die Karfreitagsliturgie, einen hochliturgischen Gottesdienst, den es so nur einmal im Jahr gibt. Und trotzdem spürt man bei diesem Gottesdienst die Kraft der Liturgie besonders stark. Um 15:00 Uhr, zur Todesstunde Jesu, begann die Karfreitagsliturgie mit einem stillen Einzug und der Prostratio: P. Leblang und P. Hösl, die Kantorin und die Messdiener*innen legten sich vor dem Altar auf den Boden und verharrten eine Zeitlang in Stille.

Die Lesungen des Tages bringen Jesu Leiden in Erinnerung. Jedes Jahr ist es ergreifend den Text aus Jes 53 zu hören, immerhin Jahrhunderte vor Christi Geburt verfasst und passgenau auf Jesus hin geschrieben. Woher wusste Jesaja, was sich Jahrhunderte später in Palästina zutragen würde? Aber anzunehmen, dass Spätere die Geschehnisse um Jesus einfach zurechtbogen, verfängt auch nicht wirklich – zu viele waren dabei und hätten bei Lügen und Aufschneiderei sofort protestiert. Die ersten Christen konnten sich Flunkerei schlicht nicht leisten! Einen gekreuzigten und auferstandenen Messias zu verkünden, war schon herausfordernd genug.

Die Johannespassion ist einfach, feierlich und zeitlos zugleich. In verschiedenen Rollen gelesen sprach der uralte Text zum vollbesetzten Auditorium der Kirche. In der Predigt bot P. Hösl mit dem Bild eines Steppenbrandes einen (!) Erklärungsversuch, was dieses Sterben Jesu für mich und uns Menschen insgesamt bedeuten könnte, wenn Jesus stellvertretend für uns stirbt – was für ein steiler Gedanke, den die Kirche Gläubigen und Ungläubigen Jahr für Jahr zumutet!

Die großen Fürbitten waren in diesem Jahr auf Bitten des Erzbischofs um eine Bitte für die Kriege in der Ukraine und in Nahost ergänzt.

Jetzt schloss sich die Kreuzverehrung an. In Zweierreihen kamen gefühlt unendlich viele Leute nach vorne. Manche Älteren scheuten keine Kraftanstrengung um dem daliegenden Kreuz seine Verehrung zu machen. Aber auch so mancher junge Mensch im Saft seines Lebens ging in die Knie und bezeugte so seinen Respekt vor Jesus am Kreuz. Auch tief beeindruckte Kinder kamen nach vorne und knieten sich neben Mama oder Papa auf die Erde vor dem Kreuz.

Mit einem einfach Segensgebet endete diese eindrucksvolle Feier. Es gab jetzt noch Beichtgelegenheit in der Marienkapelle und im Beichtraum. Inzwischen hatte die syrisch-aramäische Gemeinde ihren Karfreitagsgottesdienst aufgebaut: Hier dominiert die liturgische Farbe schwarz gegenüber dem Rot der lateinischen Canisius-Gemeinde. Man hatte die Folterwerkzeuge Jesu in Szene gestellt. Zweimal katholischer Karfreitag – unterschiedlich und doch gleichermaßen ergreifend.

Am Karsamstag gab es um 11:00 Uhr eine Probe für die Messdienerinnen und Messdiener für die Osternacht. Da musste man kommen, denn sonst wurde es kompliziert… Unsere syrisch-katholische Gemeinde begann bereits um 17:00 Uhr mit ihrer Osternacht. Von der Strenge des Karfreitags war nichts mehr zu spüren. Überall wuselten Kinder herum und am Ende des Gottesdienstes gab es viele Ostereier und Geschenke für die Kleinen. Ein Osterlied hätten sogar deutsche Gottesdienstgäste zumindest mitpfeifen können. Der arabische Text wurde nämlich nach Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ gesungen.

Ab 19:00 Uhr begannen die ersten Vorbereitungen für die (deutsche) Osternacht. Das Osterfeuer stand bereit. Die Teilnehmer des Taufkurses von P. Leblang hatten Lampenfieber und die Minis gingen nochmals ihren Auftritt durch.

Schon lange vorher war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Man hatte schon vorher Stühle aus dem Gemeindesaal hinzugestellt. Auch die Stühle aus dem Kinderraum – alles belegt! Mit Mühe schaffte es das liturgische Personal nach draußen, wo die Lichtfeier begann. Die neue Osterkerze ziert das neue Logo von Christi Auferstehung. Unter dem dreifachen Lumen Christi kam der Zug aus Minis und Taufbewerber in die dunkle Kirche. Dann verbreitete sich das Licht immer mehr und P. Leblang sang das Exultet, das Lob der Osterkerze.

Jetzt begannen die Lesungen, die von den Ministranten mit einem dezenten flankierenden Spiel in Szene gesetzt wurden. Die sieben Minis, die die sieben Schöpfungstage symbolisiert hatten, setzten sich als Zug der Israeliten in Bewegung und marschierten ins Rote Meer (hinter die Ostwand). Auf Geheiß von Mose – verkörpert von Luzia – spaltete sich das Meer, nahm die Israeliten auf und entließ sie wieder, was den Ägyptern bekanntlich nicht vergönnt war. In der dritten Lesung wurden die Israeliten – dargestellt von den Minis – unter die Völker (sprich: unter das Kirchenvolk) verstreut und auf Geheiß Ezechiels wieder herausgerufen, um fortan Gottes Volk zu werden.

Beim jetzt intonierten Gloria wurde es hell und laut: Die Orgel war wieder zu hören, die verhüllten Bilder wieder zu sehen, Weihrauch war zu riechen – Ostern sollte mit allen Sinnen erfahrbar sein!

Epistel, Evangelium und Predigt thematisierten die Auferstehung Jesu unisono. Dann kam der Part von P. Leblang: Die Taufen und Firmungen der Taufbewerber*innen, die jetzt freilich keine Bewerber mehr sein sollten. Mit Applaus quittierten die vielen Gäste die Aufnahme der Neuen in die Kirche und erneuerten ihr eigenes Taufgelübde mit dem Klassiker „Fest soll mein Taufbund immer stehen!“.

Jetzt glitt der Gottesdienst in ruhigeres und gewöhnlicheres Fahrwasser. Es wurde klassische Osterlieder geschmettert und österliche Stimmung griff um sich. Nach der Kommunion wurden Körbe von Fladenbrot gesegnet, das dann bei der anschließenden Agape vor den geöffneten Portalen bei einem Glas Wein gegessen wurde. Man begrüßte einander und wünschte frohe Ostern – eine tolle Stimmung!

All dies war nur möglich gewesen, weil viele Leute sich eingebracht hatten: Küster, Blumenfeen, Lektor*innen, Minis, die Teilnehmer*innen des KGI-Kurses, Kantoren und Musiker, unsere Sponsoren für die Glaswandreinigung oder die Osterkerze und viele Einzelpersonen, die sich eingesetzt hatten. Frohe Ostern!

Mit dem Hochamt ging es am Ostersonntag dann weiter. Wieder eine gut besuchte Kirche, viel Osterlieder und eine christuszentrierte Predigt von P. Hösl. Am Abend war dann P. Pfuff dran.

Am Ostermontag hielt P. Hösl das Emmausamt. Und last but not least die Ostervesper am Abend. Sayaka Matsukubo (Trompete) und Norbert Gembaczka (Orgel) banden um herrliche Kar- und Ostertage noch ein Schleifchen drum rum. Es hab herrliche Töne im Rahmen einer musikalischen Vesper. Gespielt wurde Stücke u.a. von Henry Purcell, Oskar Lindberg, John Stanley, J.-S. Bach, Oskar Böhme und G. P. Telemann. Herzlichen Dank allen, die unsere Kar- und Ostertage mitgestaltet und mitgefeiert haben! Wir sind dankbar und würden uns freuen, Sie auch im kommenden Jahr bei uns zu Gast zu haben!

P. Manfred Hösl SJ