Gemeinsam für Berlin – Kirchenfeedback

99 Gemeinden geben ein Kirchenfeedback

Die Initiative Gemeinsam für Berlin (Link: https://gfberlin.de/) im Verbund mit einem Institut für Kirche 4.0 e.V. lud zu einem spannenden Abend ein. Thema war: Wie haben Gemeinden (bislang) Corona bewältigt? Gekommen waren Leiter, Gremienleute und Gemeindemitglieder aus verschiedenen Kirchen: Aus der Landeskirche der EKBO, aus Freikirchen, fremdsprachigen Gemeinden (wie der schwedischen oder einer deutsch-russischen Gemeinde). Auch die Katholiken waren durch Canisius+ von St. Canisius, aber auch durch Frau Raabe und Herrn Dietz aus dem EBO vertreten. Zu Gast war man in der Christuskirche in der Anklamer Straße, die sich derzeit eine deutsch-russische Pfingstgemeinde und eine deutsche evangelische Gemeinde teilen, ähnlich wie bei uns die deutsche Canisius-Gemeinde und die syro-aramäische Gemeinde.

Die Veranstalter hatten im Vorfeld eine große Umfrage gestartet, an der auch Gemeindemitglieder von St. Canisius teilgenommen hatten. Sie ist eine von 6 katholischen Gemeinden, die sich an der Umfrage beteiligten. Des Weiteren nahmen 13 fremdsprachige, viele landeskirchliche und freikirchliche Gemeinden teil. Jetzt wurden die Ergebnisse veröffentlicht. Der Referent betont, dass es sich um keine „Studie“ im strengen Sinn handeln kann, aber doch einen ersten Querschnitt abbildet. Im Focus lag die Frage, inwiefern Corona das Gemeindeleben verändert hat. Im Großen und Ganzen hatten alle Gemeinden ähnliche Probleme zu bewältigen, egal ob freikirchlich oder katholisch.

Man könnte ja vermuten, dass die digital versierten Jungen leichter durch die Corona-Krise gekommen wären als die analogen Oldies – Fehlanzeige! Grundsätzlich scheint vielmehr zu gelten: Die Jungen leiden am meisten an der Krise, während die Verbundenheit mit Gott und Gemeinde stabiler wird, je älter man ist und je länger man in der Gemeinde lebt.

Alle Gemeinden mussten inzwischen die Erfahrung machen, dass längst nicht alle vom Vor-Corona-Status nach der Pandemie wieder zurückkommen. Bei etwa 1/3 führte Corona zu einer Intensivierung des kirchlichen Glaubenslebens, aber bei 2/3 zu einer Abnahme, die auch bei einer günstigen Entwicklung kaum vollständig rückgängig gemacht werden kann. Interessanterweise ist aber der persönliche Glaube an Gott in der Pandemie eher gestiegen.

Ein weiteres auffälliges Ergebnis war, dass 45% aller Gemeindemitglieder sich mehr engagieren möchten, bei den U30 Leuten waren dies sogar 67%! D.h. in den Gemeinden gibt es viele, die nur darauf warten angesprochen zu werden.

Das Problem aber ist: Wie macht man das? Immer noch sucht man „Nachfolger“ für bereits bestehende Werke und Kreise. Zielführender, so ein weiteres Ergebnis der Umfrage, wäre es aber die Interessierten zu fragen: „Was bringen Sie mit?“ Angeregt wurde neben anderem: Warum nicht auch (neue) Ehrenämtler im Gottesdienst in ihre Aufgaben einführen, wie das bei Hauptamtlichen längst Praxis ist.

Nach der Präsentation der Umfrage gab es die Möglichkeit sich je 20 Minuten an 5 Thementischen sich auszutauschen. Die Stichworte waren u.a. Gottesdienstbesuch, junge Menschen, Beziehungen, Ehrenamt neu denken u.a. Dort gab es rege Diskussionen. Am besten war wohl das Klima, das gegenseitige Interesse, das man den je anderen entgegenbrachte und den Mut auch Kritisches von sich und der eigenen Gemeinde preiszugeben. So berichtete ein Mitglied von ICF – einer der boomensten Freikirchen mit vielen jungen Menschen – dass für die meisten „ICF“ nur eine Phase ist, so dass nach 10 Jahren die Gemeinde personell zu 80% ganz anders zusammengesetzt ist. Die klassischen Kirchen (EKBO, kath. Kirche) kämpfen zwar mit starken Mitgliederschwund und Überalterung, haben aber Angebote für alle Altersklassen parat. Während die einen fragen: „Wie kommen wir an junge Leute ran?“ fragen die anderen: „Wie können wir unsere Leute halten, damit wir nicht nur Durchlauferhitzer sind?“

Eines der vielen Fazits des informativen, aber auch fröhlichen Abends war: Corona war nicht so radikal einschneidend wie man denken könnte. Corona hat aber zutage gefördert, was auch vorher schon da war. Da muss man ansetzen!

P. Manfred Hösl SJ, Michael Kozloski, Martina Schneider