Auch in diesem Jahr gibt es in St. Canisius während der Fastenzeit „Fasten mit den Augen“. Was steckt hinter der Aktion und was beabsichtigt sie?
Die Fastenzeit hat begonnen! Praktisch in allen Religionen gibt es Fastenzeiten. Der Sinn dabei ist: Es ist nicht selbstverständlich, dass ich genug zu essen habe! Anderen fehlt es an Essen! Vielleicht haben Sie am eigenen Leib verspüren müssen, hungrig zu Bett gehen zu müssen. Das freilich ist in unseren Breiten in den letzten Jahren eher selten geworden. Im Gegenteil: Viele von uns machen eine Diät nach der anderen, um unliebsame Pfunde loszuwerden. Lightprodukte, Proteinshakes oder veganes Essen laden ein zum Essen ohne Nebenwirkungen.
Die Kirchen sind in den letzten Jahren deshalb vom einseitigen Fasten im Sinne von „weniger essen“ abgerückt und haben versucht, das Fasten weiter zu sehen: Weniger mit dem Auto und mehr mit dem Fahrrad zu fahren! Statt den Aufzug zu benützen die Treppen hochgehen! Alkohol, Nikotin, Süßigkeiten, Fernseh- oder Internetkonsum runterfahren. „7 Wochen ohne“ lautete das Motto.
Dem schloss sich eine gegenteilige Bewegung an: „7 Wochen mit!“. Es gilt das Augenmerk nicht einseitig auf Reduzierung, Abstinenz und Verzicht zu richten, sondern positive Dinge zu tun: Mehr Sport machen! Öfter raus in die Natur! Nicht nur Schädliches einstellen, sondern Gutes entgegenstellen!
Was passiert beim Fasten noch? Im Verzicht von etwas merke ich erst, was mir fehlt und entgeht. Oder eben auch nicht! Oft schleppt man Dinge und Angewohnheiten mit sich herum, bis man entdeckt: Ich brauch das ja gar nicht! Ja, ich will das eigentlich gar nicht! Wenn man Dinge selbstverständlich und stets reichlich zur Verfügung hat, dann setzt ein inflationärer Effekt ein: man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr! Erst wenn Dinge mal weg sind, merkt man erst, dass sie da waren: Liebe Menschen, die man aber übersehen hat und die einem jetzt plötzlich fehlen. Oder die Gesundheit: Was man an seinen gesunden Beinen hat, erkennt man oft erst wenn sie nicht mehr so richtig wollen. Jetzt trauert man den Zeiten nach, wo man noch unbeschwert laufen, sehen oder hören konnte.
Wir möchten Sie in dieser Fastenzeit einladen, die Kirche wieder neu zu entdecken: Fasten mit den Augen! Wir werden in den kommenden 7 Wochen eine innen verhüllte Kirche haben. Die Stelen und Statuen, die Bilder und Leuchter sind jetzt weg.
Wenn Sie regelmäßig in St. Canisius zu Gast waren:
• Wissen Sie noch welche Farbe unser Altar hat und wie er genau aussah?
• Wie die Fahne aussah, die der auferstandene Christus in der Hand hält?
• Welche Statue ganz vorne in der Nische beim Orgelspieltisch stand?
Auch in unserer nüchternen Canisiuskirche gibt es viele Farben und Formen. Fasten wir mit den Augen! Und erleben wir an Ostern eine Auferstehung unserer Kirche vor unseren Augen!
P. Manfred Hösl SJ, Pfarrvikar

