Julian Halbeisen – neues Gesicht in der Kommunität

Begegnungen mit Geflüchteten verändern den Blick

Seit einigen Wochen gibt es ein neues Gesicht in der Jesuitenkommunität an St. Canisius. Gerne nutze ich die Gelegenheit, mich Ihnen vorzustellen.

Ich bin P. Julian Halbeisen SJ, seit 2004 Jesuit. Ich bin im Moment in der Phase der Vorbereitung auf die letzten Gelübde im Orden, dem sogenannten “Terziat”. Der größte Teil dieses sechsmonatigen Programms liegt bereits hinter mir. Von Ende September letzten Jahres bis März diesen Jahres habe ich in einer internationalen Gruppe mit fünf anderen Jesuiten in Dublin/Irland gelebt. Dort haben wir vor allem die Gründungstexte der Jesuiten studiert. Was hat den Hl. Ignatius motiviert, den Orden zu gründen? Wie hat sich der Orden entwickelt? Wie ist er organisiert? Ganz zentral war die Beschäftigung mit den “Geistlichen Übungen” des Hl. Ignatius, also seine Form des Betens mit der Heiligen Schrift. Wir hatten die Chance, das eigene Leben und die vielen Ereignisse seit unserem Ordenseintritt im Licht des Wortes Gottes zu betrachten. Dreißig Tage haben wir uns allein dafür Zeit genommen, in den sogenannten “Großen Exerzitien”. Für uns Jesuiten ist es aber ganz wichtig, es nicht beim Rückzug in die Innerlichkeit zu belassen, sondern die geistlichen Erfahrungen immer wieder zu konfrontieren mit der Realität des “ganz normalen” Lebens. Deshalb gehört zu meinem Ausbildungskurs die Mitarbeit in einem sozialen oder seelsorglichen Projekt dazu. In Zeiten der Pandemie ist es allerdings nicht ganz einfach, einen Platz zu finden. Viele Einrichtungen sind geschlossen. Deshalb bin ich sehr froh, im Berliner Büro des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes mitarbeiten zu können. Hier läuft der Betrieb auch während der Pandemie weiter, denn der Bedarf nach Hilfe und Beratung ist ja währenddessen nicht weniger geworden.

Da ich vor meinem Ordenseintritt Jura studiert habe, bin ich vor allem in der Beratungstätigkeit des Flüchtlingsdienstes aktiv. Am Dienstag findet die Beratung zu aufenthaltsrechtlichen und sozialrechtlichen Fragen statt. Mit unserem stellvertretenden Direktor Stefan Kessler haben wir dazu glücklicherweise einen ausgewiesenen Experten mit langjähriger praktischer Erfahrung zur Verfügung, der sich zugleich gut in die Lage der Betroffenen hineinversetzen kann. Durch dieses hohe Engagement gelingt es häufig, auch in scheinbar aussichtslosen Fällen noch Ansatzpunkte für eine Lösung zu finden. Ein weiteres Tätigkeitsfeld von mir ist die Härtefallberatung. Der Leiter des Flüchtlingsdienstes P. Pfuff SJ ist für die katholische Kirche Mitglied der Härtefallkommission beim Berliner Innensenator. Es gibt aufenthaltsrechtliche Fälle, in denen die rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, eine Abschiebung aber aus humanitären Gründen unvertretbar erscheint, zum Beispiel bei nachgewiesener guter Integration oder in Krankheitsfällen. In der Beratung gilt es, die Fälle gut vorzubereiten und zu begründen, damit sie dann in der Härtefallkommission beraten werden können und einen erfolgreichen Abschluss finden.

Meine Erfahrungen beim Flüchtlingsdienst sind sehr positiv. Ich habe nicht erwartet, so viel Begegnungen mit Geflüchteten und Einwanderern zu haben. Es hat mich in gewisser Weise überrascht, wie nahe ich den Menschen, die der Flüchtlingsdienst begleitet, kommen konnte und ihnen helfen konnte. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass es aufgrund der aktuellen Einschränkungen so viel Gelegenheit dazu geben würde.

Meine Tätigkeit beim Flüchtlingsdienst fällt in die Fasten- und Osterzeit. Eines der wesentlichen Themen des Christentums ist die Begegnung mit dem auferstandenen Christus. Diese Begegnung ist keine Einbahnstraße. Sie verändert mich und mündet dann ein in andere Begegnungen.

Ich denke, die Frage, die ich mir in diesen Tagen mit Blick auf das Osterfest gestellt habe, ist: „Wie baue ich das Reich Gottes auf, wie tue ich Dinge, die Menschen aufrichten und nicht abwerten?“. Ein Kernbereich der Arbeit des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes ist es, dass sie Menschen ermutigt, dass durch sie das Reich Gottes aufgebaut wird und dass dies im Geist gegenseitiger Liebe und des Respekts geschieht.

Mit Ihrer Spende helfen Sie mit, dass wir auch in Zukunft unseren Dienst an den Menschen leisten können.

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Jesuiten-Flüchtlingsdienst
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