1700 Jahre Konzil von Nizäa – Ökumenischer Gottesdienst in St. Canisius

So viel Ökumene gab es in St. Canisius schon lange nicht mehr: 14 Konfessionen und Denominationen gestalten einen ökumenischen Gottesdienst im Rahmen der Gebetswoche zur Einheit der Christen.

Während die gewählten Parteien der am gleichen Tag stattfindenden Bundestagswahl sich noch zusammenraufen müssen, um eine Koalition zu schmieden, klappt das in der Ökumene reibungslos. Außerdem dürfen auch die „Kleinen“ mitmachen und fliegen nicht raus. Im Fokus stand aber das Konzil von Nizäa (in der Nähe des heutigen Istanbuls), das vor 1700 Jahren, 325 n. Chr., stattfand und dessen dort verabschiedetes Glaubensbekenntnis noch heute in allen(!) christlichen Kirchen Geltung hat.

Im Gottesdienst wurde das Konzil sichtbar durch eine riesige Ikone, die Bischof Emmanuel Sfiatkos von der Griechisch-Orthodoxen Metropolie in Deutschland mitgebracht hatte und auch den zahlreichen Gottesdienstbesuchern vorstellte. 30 abgebildete Konzilsväter sollen für die 300 Konzilsväter stehen, die damals von Kaiser Konstantin eingeladen waren, über damals brisante Fragen des Glaubens zu beraten. Mit einer Zeichenhandlung am Ende des Gottesdienstes, wo alle Liturgen eine Kerze anzündeten und vor die Ikone hinstellten, kam die Ökumene kräftig sichtbar zum Ausdruck.

Vorher gab es einen bunten Gottesdienst. Das Motto lautete: „Glaubst Du das?“ (Joh 11,26) und spielt auf eine Frage Jesu an Martha an, als ihr Bruder Lazarus gestorben war und Jesus ihr versprach, dass er auferstehen würde. Diese Frage gilt allen Christen aller Zeiten – auch uns heute.

Das Vorbereitungsteam unter Federführung von Nikolas Schönfeld hatte einen Gottesdienst entworfen, wo alle Kirchen wenigstens einmal zu Wort kommen sollten. So hörte man die Seelsorger(innen!) der Schwedischen, Dänischen und Ungarischen evangelischen Gemeinden in Berlin. Die Orthodoxie war vertreten durch je einen Geistlichen der Armenischen Kirche, der Griechisch-Orthodoxen Kirche sowie der Syrisch-orthodoxen Kirche. Es gab Anglikaner, Presbyterianer, Lutheraner, Baptisten, Alt-Katholiken und Neuapostolische im Altarraum und im Kirchenschiff.

Die drei Lesungen (Deuteronomium / 5. Buch Mose 6,4-9; 1. Petrus 1,3-9; Joh 20,24-29) wurden in Aramäisch, Ungarisch, Twi (Landessprache in Ghana / Afrika), Norwegisch, Schwedisch, Armenisch und Deutsch vorgetragen. Dabei war es, auch wenn man nichts verstand, interessant den jeweiligen Sprachfluss zu hören. Und bestimmte Worte wie „Jesus Christus“ hörte man überall raus.

Wie werden die Konzilsväter damals sich unterhalten haben, als es noch keine Simultanübersetzer oder gar DeepL (moderne Übersetzungsprogramme) wie heute gab! Ein bisschen war es an diesem Nachmittag in Canisius wie am Pfingsttag in Jerusalem. Die Predigt hielt Reverend Martin George, ein ehemaliger evangelisch-lutherischer Theologieprofessor, der nach seiner Emeritierung Priester der Anglikanischen Kirche St. George in Berlin wurde. Übrigens in bestem Deutsch, seiner Muttersprache. Er nahm auf die drei Bibelstellen und das Konzilsjubiläum Bezug.

Für die musikalische Umrahmung sorgte kein Unbekannter: Unser ehemaliger Organist Pirmin Kustin spielte an der ihm bestens vertrauten Orgel die sorgfältig ausgewählten Lieder aus dem katholischen Gotteslob.

Nach dem Gottesdienst gab es einen Empfang im Gemeindesaal, wo es Wasser, Wein und frisch aufgebackene Brezeln gab. Trotz der parallel eintrudelnden Wahlergebnisse der Bundestagswahl waren die Meisten geblieben und es gab Smalltalk der Geistlichen untereinander und mit den Gottesdienstbesuchern.

Fazit: Ein bunter Abend, an dem es viel zu gucken und zu lauschen gab! Kirche ist sooo breit und sooo bunt! Das zu erleben tat gut und machte gute Laune, v.a. wenn man auf Enge und Monotonie starrt, die sie sonst oft in der Politik, aber auch in den Religionen herrscht.

P. Manfred Hösl SJ

Reverend Martin George von der Anglican Church

alle Fotos: Jasper Kortmann